Arbeitshandschuhe – welcher darf es denn sein?

von | 18. September 2024

Das Wichtigste in Kürze:

  • Vielfalt der Arbeitshandschuhe: Es gibt eine große Auswahl an Schutzhandschuhen, die für unterschiedliche Arbeitsbereiche und Gefahren konzipiert sind. Von schnittfesten Arbeitshandschuhen für die Metallverarbeitung bis hin zu hitzebeständigen Arbeitshandschuhen für Schweißer – für nahezu jede Tätigkeit gibt es den passenden Handschuh.
  • Wichtige Normen: Die Auswahl des richtigen Arbeitshandschuhs wird durch Normen wie EN 388 (mechanische Risiken) und EN 407 (thermische Risiken) erleichtert. Diese Normen geben Auskunft über die Schutzleistungen der Handschuhe.
  • Materialien für jeden Einsatz: Verschiedene Materialien wie Leder, Nitril und PU bieten unterschiedliche Eigenschaften. Die Wahl des Materials hängt von den Anforderungen der jeweiligen Arbeit ab.
  • Individuelle Beratung: Um den optimalen Schutz zu gewährleisten, ist eine individuelle Beratung durch Experten ratsam. Sie hilft dabei, den passenden Arbeitshandschuh für jede Tätigkeit auszuwählen.

 
Inhalt der Seite:

  1. Arbeitshandschuhe – brauche ich die wirklich?
  2. Welche Normen gelten für Arbeitshandschuhe?
  3. Wie finde ich das richtige Material für mein Einsatzgebiet?
  4. Gibt es auch Spezialhandschuhe?

 

Arbeitshandschuhe – brauche ich die wirklich?

Immer wieder fährt man an Baustellen vorbei oder sieht es in Lebensmittelgeschäften und im Lager – Mitarbeiter, die keine Arbeitshandschuhe tragen. Aus Expertensicht stellt sich die Frage: wie kann das sein? Auch heute herrscht bei vielen potentiellen Trägern die Meinung vor, dass Arbeitshandschuhe das Arbeiten einschränken in dem z.B. die Fingerfertigkeit weniger wird. Bei genauerem Hinhören liegt es wohl eher daran, dass Unternehmen auch heute noch die falschen Handschuhe für Ihre Mitarbeiter wählen, ein Vorleben durch die Führungskräfte fehlt und auch auf die Wichtigkeit von Schutzhandschuhen im täglichen Arbeitsablauf nicht ausreichend Wert gelegt wird.

Arbeitshandschuhe bieten zum einen Schutz vor Vielerlei Gefahren wie Chemikalien, Schnittverletzungen und extremen Temperaturen, aber auch bei Arbeiten ohne notwendige hohe Schutzfunktion schützen sie vor mechanischen Risiken wie leichten bis mittelschweren Verletzungen, eingerissenen Händen und groben Verschmutzungen, die wiederum die Hautbarriere nachhaltig beeinflussen. Einige Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer belächeln diese Faktoren wahrscheinlich, aber die Gesundheit und Unversehrtheit sollte immer an erster Stelle stehen.

Welche Normen gelten für Arbeitshandschuhe?

Grundsätzlich gibt viele verschiedene Normen für Arbeitshandschuhe je nach Einsatzgebiet. Die gängigste Norm die am meisten zum Tragen kommt ist der Schutz gegen mechanische Risiken. Diese Handschuhe kommen in fast jedem Betrieb, in welchen mit den Händen gearbeitet wird zum Einsatz. Arbeitsplätze, an denen durch Gefährdungsbeurteilung Persönliche Schutzausrüstung vorgeschrieben ist, ist der Arbeitgeber verpflichtet die notwendigen Handschuhe zur Verfügung zu stellen.

DIN EN 420 – Allgemeine Anforderungen

In der EN 420 sind die allgemeinen Anforderungen an Schutzhandschuhe geregelt, diese Norm ist somit auf jedem geprüften Handschuh zu finden. Sie bildet sozusagen die Grundnorm für alle relevanten Prüfverfahren und gibt Aufschluss über die Anforderungen an Gestaltung, Konstruktion, Unschädlichkeit, Tragekomfort, Zweckmäßigkeit, Kennzeichnung und Produktanforderungen.

EN 388 – Mechanische Risiken

Alle Handschuhe dieser Norm müssen die Grundanforderungen nach EN 420 bestehen. Handschuhe der aktuellen Norm EN 388:2019 bieten Schutz vor mittleren und irreversiblen Risiken mechanischer Natur wir Abrieb, Schnitte, Stiche oder Risse und natürlich auch Verschmutzung. Anhand des Piktogramms, welches auf jedem Handschuh aufgebracht sein muss, ist ersichtlich welchen Schutz der Handschuh in den unten genannten Prüfkategorien bietet.

Der Gesetzgeber teilt PSA (persönliche Schutzausrüstung) wie Handschuhe in drei Kategorien ein. Die Kategorie I bietet Schutz vor minimalen Risiken (z.B. heiße Stoffe unter 50°, Gefahr von oberflächlichen Verletzungen), die Kategorie III soll vor irreversiblen / tödlichen Gefahren schützen (z.B. Chemikalien, Hitze größer 50°, Strahlung) und die Kategorie II vor allen Risiken, die zwischen 1 und 3 liegen. Also Verletzungen, die nicht tödlich sind, aber eine ärztliche Behandlung fordern. Schutzhandschuhe nach EN 388 fallen in der Regel in die PSA Kat. II oder III.

Beurteilungskriterien:

  1. Abriebfestigkeit
  2. Schnittfestigkeit nach herkömmlichen Verfahren
  3. Weiter-Reißfestigkeit
  4. Durchstichfestigkeit
  5. Schnittfestigkeit nach neuem Verfahren
  6. Optional: Schutz vor Stößen

Die Einteilung in den Kategorien 1., 3. und 4 erfolgt von 0-4, in der Kategorie Schnittfestigkeit nach herkömmlichen Verfahren von 0-5 und Schnittfestigkeit nach neuem Verfahren von A – F. Ein Schutz vor Stößen ist mit einem P angegeben, wenn dieser erreicht wurde, wurde der Handschuh nicht optional darauf getestet ist kein Wert angegeben. Je höher der Wert, desto höher ist die Schutzeigenschaft.

Die Beurteilungskriterien erleichtern für den Nutzer die Auswahl des richtigen Handschuhes je nach Einsatzgebiet. Sie arbeiten in der Montage und haben mit scharfen Gegenständen zu tun? Dann wählen Sie einen Handschuh mit Schnittfestigkeit. Ihre Arbeit im Baugewerbe fordert das Handschuhmaterial und reibt sich schnell ab? Dann wählen Sie einen Handschuh mit einer hohen Abriebfestigkeit.

Schnittschutzhandschuhe

Eine Unterform der Handschuhe zum Schutz vor mechanischen Risiken sind die Schnittschutzhandschuhe.

Die Schnittschutzklasse gibt an, wie widerstandsfähig ein Arbeitshandschuh gegen Schnitte ist. Hierfür gibt es zwei Testverfahren, die eine Aussage über deren Schnittfestigkeit geben.

Das Verfahren nach EN 388:2003 bewertet die Handschuhe nach dem sogenannten Coupe-Test

  • Schnittschutzklasse 0: Handschuhe, die die Anforderungen der Schnittschutzklasse 0 erfüllen, haben eine Schnittfestigkeit von weniger als 1,2 Metern pro Sekunde (m/s). Sie eignen sich für leichte Arbeiten, bei denen kein hoher Schutz erforderlich ist.
  • Schnittschutzklasse 1: Diese Handschuhe bieten sich für Arbeiten an, bei denen ein gewisses Maß an Schnittschutz erforderlich ist, z. B. beim Umgang mit leichten Glasscherben.
  • Schnittschutzklasse 2: Arbeitshandschuhe der Schnittschutzklasse 2 sind zum Beispiel beim Umgang mit Metall- oder Kunststoffteilen eine gute Wahl.
  • Schnittschutzklasse 3: Für den Umgang mit scharfen Klingen oder Werkzeugen empfehlen wir Handschuhe der Schnittschutzklasse 3.
  • Schnittschutzklasse 4: Beim Schnittschutz wollen oder dürfen Sie keine Kompromisse eingehen? Mit einer Schnittfestigkeit von mehr als 10 m/s eignen sich diese Arbeitshandschuhe zum Beispiel für die Arbeit mit Sägen oder in der Forstwirtschaft.

Das Verfahren nach EN 388:2016 bewertet die Widerstandsfähigkeit in Newton. Hierbei wird die minimale Kraft bestimmt, die benötigt wird, um den Handschuhen nach 20 mm zu durchschneiden.

  • Klasse A: Hier liegt der Newtonwert bei >/= 2
  • Klasse B:  >/= 5
  • Klasse C: >/= 10
  • Klasse D: >/= 15
  • Klasse E: >/= 22
  • Klasse F: >/= 30

Beide Testverfahren sind nicht miteinander vergleichbar aufgrund der unterschiedlichen Ausführungen. Da kein Handschuh alle Schnittgefahren vollständig eliminieren kann ist für die geeignete Auswahl eine Gefährdungsbeurteilung wichtig.

Wie finde ich das richtige Material für mein Einsatzgebiet?

Auch im Bereich des Materials sollte das für den täglichen Arbeitsablauf am besten geeignete gewählt werden. Zu unterscheiden ist das Träger- und Beschichtungsmaterial. Wenn im Montagebereich z.B. von Nitrilhandschuhen die Rede ist, dann ist eine Nitrilbeschichtung gemeint, bei Einweghandschuhen bedeutet dies, dass der gesamte Handschuh aus Nitril besteht.

Als Trägermaterial kommen häufig die Materialen Nylon, Polyester, Baumwolle und Acryl zum Einsatz. Bei Schnittschutzhandschuhen oder Spezialhandschuhen gegen bestimmte Risiken Materialien wie Kevlar, HDPE oder auch Thinsulate. Baumwollträger wie der Flexycotton von Cofra bietet optimale Atmungsaktivität im Arbeitsalltag.

Die Innenhandbeschichtung für Arbeitshandschuhe ist für die Auswahl von noch größerer Bedeutung was die Langlebigkeit und Schutzfunktion der Handschuhe angeht. Je nach Einsatzgebiet kann und sollte der richtige Schutz gewählt werden. Gerne helfen Ihnen auch unsere Theobald-Arbeitsschutz Experten bei der richtigen Auswahl!

Beachten Sie beim Kauf auch die richtige Größe, die meisten unserer Handschuhe sind von Größe S – XL bzw. 6 – 12 erhältlich. Von manchen Modellen sind auch Sondergrößen wie XS oder XXL erhältlich.

Die Gauge (Maschenanzahl) gibt Aufschluss über die Dicke des jeweiligen Handschuhs, je höher die Gaugenanzahl, desto feiner ist er gestrickt.

Gibt es auch Spezialhandschuhe?

Die oben aufgeführten Normen DIN EN 420 und EN 388 sind bei weitem nicht die einzigen wichtigen Normen im Handschuhbereich. Für den Einsatz im Winter aber auch für Arbeitsbereiche, die einen speziellen bzw. stärkeren Schutz vor Chemikalien oder Hitze benötigen gibt es die passende Auswahl.

EN 511 / Schutz gegen Kälte: Arbeiten Sie und Ihre Mitarbeiter bei kalten Temperaturen bis -50°? Dann sollten Sie auf jeden Fall auf Handschuhe mit dieser Kennung achten.

EN 407 / Thermische Risiken: Der Schutz gegen Hitze wird bei diesen Handschuhen in 6 Leistungsstufen aufsteigend gemessen: begrenzte Flammenbildung, Kontaktwärme, konvektive Wärme, Strahlungswärme, Schutz vor kleinen Spritzern geschmolzenen Metalls, Schutz vor großen Mengen geschmolzenen Metalls.

EN 12477 / Schweisserhandschuhe: Diese müssen die Anforderungen der EN 388 und der EN 407 mit einem bestimmten Wert erfüllen. Es wird unterschieden nach Handschuhen Typ A – grobe Schweißarbeiten und Typ B – Schweißarbeiten mit hoher Fingerbeweglichkeit.

EN ISO 374-1 / Schutz vor Chemikalien: Hierbei wird auf verschiedene Chemikalien wie z.B. Methanol und Aceton geprüft, jeder Prüfsubstanz ist eine Kennung der geprüften Materialien beigefügt. Die Einteilung erfolgt in den Typen A, B und C, wobei C die niedrigste Mindestdurchbruchzeit und wenigsten Prüfchemikalien aufweist.

EN ISO 374-5 / Schutz vor Mikroorganismen: Neben dem Schutz vor Bakterien und Pilzen sind auch Modelle mit dem Schutz zusätzlich gegen Viren erhältlich.

EN ISO 11393 / Schutz vor handgeführten Kettensägen: Teil 4 der Norm für den Schutz vor handgeführten Kettensägen beschäftigt sich mit den Schutzhandschuhen bzw. Schnittschutzhandschuhen.

DIN EN 16350 / ESD: Wie auch ESD-Kleidung bieten ESD Schutzhandschuhe Schutz vor ungewollten elektrostatischen Entladungen.

Arbeitshandschuhe sind ein in sich komplexes Thema, was die richtige Auswahl angeht. Wenn Sie sicher stellen möchten den richtigen Schutzhandschuh für Ihr Aufgabengebiet zu wählen, kontaktieren Sie unsere Arbeitsschutz Experten von Theobald Arbeitsschutz. Wir bieten Ihnen gerne unverbindlich das für Sie richtige Modell an!

 

Laura Sichinger - CEO Theobald Arbeitsschutz

Über die Autorin

Laura Sichinger, Geschäftsführerin Theobald Arbeitsschutz, Wirtschaftsjuristin

Laura Sichinger hat bereits mehr als 8 Jahre Erfahrung im Bereich Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit. Im Theobald Arbeitsschutz Blog teilt sie ihr Fachwissen und gibt tiefere Einblicke in das Thema Arbeitskleidung und Arbeitsschutzkleidung.

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